Aus Quallen lässt sich Kollagen gewinnen: ein vielfältiger Wirkstoff

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Ocean Beauty // 11.07.2024

Quallen-Kollagen als Wirkstoff

Aus den Tiefen des Ozeans kommt ein Wirkstoff der besonderen Art: Kollagen aus Quallen ist ein (naturkosmetischer) Anti-Aging-Helfer, der Fältchen „aufpolstert“ und die Haut vor Umwelteinflüssen schützt. Und da geht noch mehr, weiß Dr. Inez Linke.

In der Kosmetik ist Kollagen als Wirkstoff schon seit Jahren bekannt und geschätzt. Es ist kosmetisch hoch interessant, da es ein hohes Wasserbindungsvermögen besitzt und auf der Haut einen Barrierefilm ausbildet, der den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) vermindert. Äußerlich aufgetragenes Kollagen verbessert dadurch die Hautglätte und Straffheit und verleiht ein angenehmes Hautgefühl.

Quallen als innovative Rohstoffquelle

Früher wurde Kollagen für die Kosmetik vorwiegend aus Haut und Bindegewebe von Rinder- und Schweineschlachtabfällen gewonnen. Seit dem BSE-Skandal verwendet man zunehmend Kollagen aus Fischhäuten. Die aktuelle Forschung fokussiert auf Kollagen aus Quallen, die als wirbellose Tiere eine innovative Rohstoffquelle für ursprüngliches reines Kollagen darstellen. Diese Meeresbewohner bestehen zu 98 Prozent aus Wasser. Es sind hauptsächlich die Kollagenfasern, die diesen hohen Wassergehalt binden und der Qualle somit ihre Struktur geben.

Was bewirkt Quallen-Kollagen in der Haut?

Das Kollagen der Qualle besitzt durch seine ausgeprägte Glykosilierung (Zuckerseitenketten am Kollagenmolekül) eine höhere Wasserbindungsfähigkeit als Wirbeltierkollagen. Das native lösliche Kollagen besitzt ein außerordentlich hohes Feuchtigkeitsbindevermögen und bildet auf der Haut einen Schutzschild, der den transepidermalen Wasserverlust vermindert. Das feine Netzwerk legt sich in Hautfältchen und hebt diese durch eine leichte Quellung an. Durch diese nachhaltige Hydratisierung ergeben sich folgende positive Effekte:

  • Der wasserbindende Film hält die Feuchtigkeit in der Haut und verhindert somit den Wasserverlust der Hautzellen.
  • Durch eine sanfte Quellung der oberen Hautschichten werden auch weit geöffnete Poren verengt. Dadurch erscheint das Hautbild feiner und klarer.
  • Der Verlust der Hautfeuchte ist eine der wesentlichen Ursachen der Hautalterung. In dehydrierten Hautzellen kann der Stoffwechsel nur eingeschränkt stattfinden,
    Regeneration und Mikrozirkulation sind gestört. Durch das Bewahren der Feuchtigkeit wird somit auch der Alterungsprozess nachhaltig verlangsamt.
  • Kleine Hautfältchen werden durch die sanfte Quellung der oberen Hautschichten gemildert. Zudem füllt der Mi­krofilm die Fältchen auf und ebnet diese.
  • Faltenbildung ist ein Resultat eines massiven Feuchtigkeitsverlusts der Hautschichten. Eine nachhaltige Bewahrung der Feuchtigkeit beugt somit auch der Faltenneubildung vor.
  • Neue wissenschaftliche Studien zeigen, dass Kollagen aus Quallen die Haut auch vor Schäden durch UV-Strahlung schützt. Darüber hinaus besitzen Kollagenbruch­stücke antioxidative Eigenschaften.

Die Rhopilema-Qualle als Kollagen-Ressource

Das Quallenkollagen wird aus dem Schirm (Epidermis und Mesogloea) der Medusen von Rhopilema spec. gewonnen, einer weltweit in den Ozeanen vorkommenden Quallenart. Die Quallenpopulationen unterliegen in den Weltmeeren starken Schwankungen, sodass sie in manchen Jahren massenhaft auftreten können. Da eine geschlossene Aquakultur dieser Organismen derzeit noch nicht möglich ist, werden sie unter kontrollierten Bedingungen dort gefangen, wo sie natürlicherweise in Massen auftreten. Es wurden aber bereits auch Projekte unternommen, um die gefangene Menge mit gezüchteten Larven zu kompensieren. Die Rhopilema-Qualle wird für den asiatischen Lebensmittelmarkt gefangen und verarbeitet. Da dieses Nahrungsmittel auch nach Europa exportiert wird, entspricht es ebenfalls dem deutschen Lebensmittelrecht in Qualität und Reinheit.

Wie gewinnt man Quallen-Kollagen?

Die Quallen werden mit Fischerbooten traditionell gefangen und in die Fabrik gebracht. Dort werden die „Fangarme“ abgetrennt und separat verarbeitet (ebenfalls als Lebensmittel). Der verbliebene „Schirm“ wird mit Salz behandelt, um das Wasser zu entziehen. Mit einem Wassergehalt von etwa 20 Prozent werden die Quallenschirme dann verschickt. Wir bei oceanBasis extrahieren aus diesem Lebensmittel das vorhandene Kollagen, reinigen es auf und verdünnen es wieder zu einer einprozentigen Lösung (Handelsname Qollagen 1 %). Höherprozentige Lösungen sind nicht möglich, da das Kollagen ansonsten geliert und fest wird. Diese einprozentige Kollagenlösung, die nach den strengen Natrue-Naturkosmetik-Richtlinien zertifiziert ist, dient dann als Rohstoff für die Pflege.

Naturkosmetisch einwandfrei

Quallen gehören nicht zu den Wirbeltieren, da sie evolutionsbiologisch sehr alt sind, quasi die ältesten Lebewesen auf diesem Planeten darstellen. Sie haben kein entwickeltes Nervensystem oder Gehirn – ihre Nervenzellen sind locker über den Körper verteilt und steuern allein die Bewegung des Tieres. Aufgrund der fehlenden Zentralisierung der Nervenzellen ist ein Schmerzempfinden unwahrscheinlich. Da sowohl Fische als auch Ratten, Geflügel, Rinder und Schweine (als mögliche Kollagenquellen) zu den Wirbeltieren gehören, ist Quallen-Kollagen das einzige nach Natrue-Richtlinien zertifizierte Kollagen auf dem Markt.

Es gibt inzwischen alle Sorten pflegender Kosmetik – von Cremes über Masken bis hin zu Ampullen –, die diese Kollagen­lösungen enthalten. Auch in der Haarpflege findet Kollagen wegen seines antistatischen Effekts Verwendung. Quallen-Kollagen wird derzeit zudem zur medizinischen und orthopädischen Nutzung erforscht, da seine speziellen Eigenschaften die Wundheilung und die Regeneration von Knorpel fördern.

Vergleich zum üblichen Kollagen

Das Quallenkollagen bietet einige Vorteile gegenüber herkömmlichen Kollagenen:

  • Ursprünglichkeit: Das Quallenkollagen stammt aus sehr ursprünglichen Organismen, die erdgeschichtlich sehr alt sind. Daher besitzt es eine weniger differenzierte Struktur als das Kollagen höherer Organismen und ist sehr „biokompatibel“.
  • Native Struktur: Durch die schonende Verarbeitung bleibt die dreifach verwundene Struktur unbeschädigt und behält ihre Flexibilität.
  • Hohe Wasseraufnahmekapazität: Durch seinen hohen Glykolisierungsgrad (viele Wasserbindestellen) hat Quallenkollagen eine hohe Wasseraufnahme- und -bindekapazität. Dadurch lässt sich der transepidermale Feuchtigkeitsverlust sehr gut reduzieren.
  • Schutzschild gegen Umweltstress: Der hauchdünne Kollagenfilm legt sich in bereits vorhandene Hautfältchen und hebt diese durch Quellung der oberen Hautschicht an. Er bewahrt die Feuchtigkeit und macht die Haut widerstandsfähiger gegenüber negativen Umwelteinflüssen.
  • Remineralisierung: Die aus dem Meer stammenden Mineralien und Spurenelemente remineralisieren die Hautzellen.
  • Biologisch unproblematisch: Durch die Herkunft aus einem sehr ursprünglichen Meeresorganismus besteht kein Risiko von Kontakt mit Fisch-Allergenen oder BSE.

Dr. Inez Linke

ist Mitbegründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der oceanBasis GmbH in Kiel. Sie ist verantwortlich für Forschung und Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb der maritimen Naturkosmetikmarke Oceanwell, die auf Meereswirkstoffen aus Nord- und Ostsee basiert.