Myrrhe fördert die Wundheilung
Sie wird nicht nur wegen ihrer wundheilungsfördernden Wirkung geschätzt: Die Myrrhe hat seit Jahrhunderten ihren Platz in der Naturheilkunde – und das bis heute. Aber auch in der Aromatherapie und der pflegenden Kosmetik ist sie zu finden.
Was fällt Ihnen ganz spontan zur Myrrhe ein? Möglicherweise die Einbalsamierung ägyptischer Mumien oder die drei Weisen aus dem Morgenland, die dem Jesuskind in der Krippe neben diesem aromatischen Baumharz auch Weihrauch und Gold als Geschenk darbrachten?
Kultur- und religionsgeschichtlich gibt es noch weitere Beispiele für die rituelle Verwendung der Myrrhe. Antiken Quellen zufolge zählte sie auch zu den Lieblingsdüften der griechischen Liebesgöttin Aphrodite bzw. ihres römischen Pendants Venus. Außerdem war sie Bestandteil des Mithridatium (auch als Mithridatikum bekannt), das als eines der wichtigsten antiken Gegengifte bezeichnet wird. Und nicht zuletzt ist das Harz bis heute auch Bestandteil von Räuchermischungen.
Ein Klassiker der Volksmedizin
Die Myrrhe ist ein Heilmittel mit langer Tradition in der Volksmedizin, die bereits in der Antike bei den unterschiedlichsten Indikationen zur Anwendung kam. Geschätzt wurde sie vor allem wegen ihrer desinfizierenden, adstringierenden, anti- entzündlichen und pilztötenden Wirkung. Zu den Anwendungsgebieten gehörten Wundversorgung, Atemwegserkrankungen, Durchfall und Blasenerkrankungen. Bewährt hat sich die Myrrhe bis heute in der Zahnmedizin – zur Pflege des Mundraums und zur Linderung von Beschwerden wie Aphten, Zahnfleischentzündungen oder Druckstellen durch Prothesen. Aufgrund ihrer medizinischen Bedeutung und ihres Potenzials wurde die Myrrhe, beziehungsweise der Myrrhenbaum, 2021 vom interdisziplinären Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde zur Arzneipflanze des Jahres gewählt.
Reich an aromatischem Harz
Der Myrrhenbaum, botanisch Commiphora myrrha oder auch Commiphora molmol, liebt es heiß und trocken. Er ist überwiegend im östlichen Afrika verbreitet. Das dornige Gewächs mit den knorrigen Zweigen zählt wie der Weihrauchbaum zur Familie der harzreichen Balsambaumgewächse (Burseraceae). Verwendet wird das Harz, das aus der Rinde austritt und an der Luft trocknet. Mittels Wasserdampfdestillation wird daraus ätherisches Myrrhenöl gewonnen, das u. a. in der Aromatherapie zum Einsatz kommt. Dieses duftet dezent balsamisch, herb und – womöglich subjektiv empfunden – leicht zimtig, was auf den Gehalt an Zimtaldehyd zurückzuführen sein dürfte. Beim zweiten „Riecher“ ist zudem eine gewisse Frische wahrnehmbar, die angenehm und belebend wirkt. Es kommt nicht von ungefähr, dass ätherischem Myrrhenöl eine beruhigende, harmonisierende, stärkende und stabilisierende Wirkung zugesprochen wird. Unterstützung für die Seele sozusagen.
Myrrhenöl ist gut kombinierbar mit ätherischen Ölen wie Benzoe, Mandarine, Rose, Minze, Zypresse und Weißtanne.
Myrrhe hat einen hohen Gehalt an Sesquiterpenen, insbesondere an Furosesquiterpenen, sowie Bitterstoffen. Lokal begünstigt diese Kombination die zusammenziehende, desinfizierende und wundheilungsfördernde Wirkung. Zu erwähnen ist auch der Inhaltsstoff Eugenol, der einen schmerzstillenden Effekt herbeiführt. Diese mit den Opioidrezeptoren zusammenwirkende Substanz aus der Gruppe der Phenolderivate findet sich auch im Nelkenöl, das bei Zahnschmerzen Linderung verschafft.
Dr. Anja Rieck