Wenn das Mikrobiom der Haut im Gleichgewicht ist, hat man gut lachen
Foto: stock.adobe.com/deniskomarov
Prebiotika bei der Hautpflege
„Gute“ und „schlechte“ Bakterien und ihr Zusammenspiel sind vielen vor allem beim Thema Darmgesundheit ein Begriff. Prebiotische Inhaltsstoffe in Kosmetikformulierungen – Prebiotika – sollen das Mikrobiom der Haut positiv beeinflussen.
Woraus besteht die Hautflora?
Die Hautflora ist täglich vielerlei Reizen ausgesetzt: Luftverschmutzung, Nikotin, UV-Strahlung, aber auch schlechte Ernährungsgewohnheiten, falsche Hautpflege und Stress können sie aus der Balance bringen. Die Mikrobiota besteht aus Bakterien, Viren und Pilzen. Ist sie unausgewogen, reagiert die Haut auf verschiedene Weise: z. B. mit Trockenheit, vermehrter Talgproduktion oder gesteigerter Empfindlichkeit, aber auch mit Entzündungen wie Akne, Rosazea, Ekzemen oder Psoriasis. Um den Hautzustand wieder in Balance zu bringen, muss das Gleichgewicht zwischen hautfreundlichen und hautschädigenden Bakterien wiederhergestellt werden.
Was sind Prebiotika und Probiotika?
- Prebiotika sind Substanzen, die als Nahrung für Probiotika dienen.
- Probiotika sind vielfach aus dem Lebensmittelbereich bekannt, z. B. als Zusatz in Joghurt. Probiotika sind wirksame Bakterien, also lebende Mikroorganismen, die „gute“ Bakterien erhalten oder wiederherstellen. Da diese in der Kosmetik schwer stabil zu verarbeiten sind, werden oft fermentierte bzw. deaktivierte Probiotika – also eigentlich Postbiotika – verwendet. Diese sind in kosmetischen Formulierungen länger haltbar.
- Postbiotika sind bakterielle Nebenprodukte (Stoffwechselabbau), die von lebenden Bakterien z. B. durch Fermentation ausgeschieden werden, darunter Peptide, Enzyme und Säuren. Bekannte Beispiele: Hyaluronsäure (ein Glykosaminoglykan), Bifida Ferment-Lysate oder das aus Milchsäurebakterien gewonnene Lactobacillus rhamnosus. Postbiotika können mit pre- oder probiotischen Inhaltsstoffen kombiniert werden.
- Synbiotika sind eine Kombination aus Pro- und Prebiotika.
Nahrung für hautfreundliche Bakterien
Pflanzliche Prebiotika werden z. B. aus den Fasern von Zuckerrüben, Zuckerrohr oder Weizen gewonnen. Zahlreiche weitere Früchte, Gemüse und Pflanzen dienen ebenso als Lieferanten für das, was eigentlich „nur“ eine Nahrungsquelle für die guten Bakterien ist. Prebiotika können so das natürliche Gleichgewicht des Mikrobioms wiederherstellen und bewahren, die Hautschutzbarriere stärken, Irritationen reduzieren und die Haut mit Feuchtigkeit und Nährstoffen versorgen. Zudem sollen Prebiotika die Produktion von Kollagen- und Elastinfasern ankurbeln und eine Anti-Aging-Wirkung generieren.
Mit Oligosacchariden den Hautzustand beruhigen
Das Prinzip dahinter ist eigentlich simpel: Die hautfreundlichen Bakterien (probiotische Mikroorganismen) werden gefüttert, z. B. mit Zuckern in Form von Oligosacchariden oder Galactooligosacchariden. Das Wachstum der pathogenen Hautflora wird dagegen durch eine natürliche antibakterielle Wirkung gehemmt. Beruhigt sich der Hautzustand, trägt dies zur Minderung von Problemen bei und die Haut wird weniger anfällig für Stress.
Generell haben Oligosaccharide eine positive Wirkung auf die Hautflora. Sie werden z. B. aus Mais, Chicorée, Agaven, Artischocken und u. a. roter Bete gewonnen.
Wie wirken einzelne Substanzen?
- Inulin (Polyfructosan) besteht aus Oligosacchariden und gilt als bewährtes Feuchthaltemittel für Haut und Haar.
- Alpha-Glucan-Oligosaccharid ist ein Mehrfachzucker und wird aus natürlichen Zuckern (Zuckerrüben, Zuckerrohr oder Weizen) gewonnen. Der prebiotische Inhaltsstoff fördert die Befeuchtung der Haut.
- Das Polysaccharid Glucomannan aus der Konjakwurzel ist besonders für die Kosmetik interessant, da es nicht nur grundsätzlich hautpflegend ist, sondern mit zahlreichen Probiotika eine synergetische (zusammenwirkende) Wirkung erzeugt, die zur Minderung von Akne beitragen kann.
- Beim Prebiotikum APF (Aqua Posae Filiformis) handelt es sich um ein Lysat des Bakteriums Vitreoscilla filiformis, das in ätzt wird es vor allem für die Behandlung extrem trockener Haut.
- Phytosterol ist ebenfalls ein probates Nahrungsmittel für die guten Bakterien der Hautflora.
- Ebenso können unterschiedliche Pflanzenextrakte, Glycerin, Xylitol (ein Zuckeralkohol), das Monosaccharid Rhamnose sowie auch Polypeptide und Aminosäuren-Derivate eine prebiotische Wirkung entfalten.
Hat das Mikrobiom Einfluss auf Neurodermitis & Co.?
Viele Hautkrankheiten wie auch Irritationen und gesteigerte Empfindlichkeit der Haut werden durch ein Ungleichgewicht (Dysbiose) des Mikrobioms begünstigt. „Studien haben gezeigt, dass bei Menschen mit einem atopischen Ekzem im Vergleich zu Menschen, die nicht an einem Ekzem leiden, häufiger das Bakterium Staphylococcus aureus im Überfluss auf der Haut vorhanden ist. Der Mechanismus dahinter ist aber noch nicht bekannt. Auch bei Akne scheinen Bakterien eine Rolle zu spielen. So kann eine bestimmte Form von Cutibacterium acnes diese Hauterkrankung auslösen. Außerdem stellen wir oft fest, dass bei Rosazea die Demodexmilbe im Überfluss vorhanden ist – jedoch nicht immer,“ erklärt Dr. Jetske Ultee, Gründerin der Stiftung „Skinwiser“ .
Vieles deutet darauf hin, dass Prebiotika zu einem gesünderen Mikrobiom beitragen können. „Prebiotika sind Nahrung für die ,guten‘ Bakterien. Durch ein großes Nahrungsangebot können sich diese leichter ansiedeln und vermehren. Diese guten Hautbewohner schützen die Haut vor Eindringlingen und manchmal auch vor schädlichen Bakterien, indem sie bestimmte antimikrobielle Stoffe ausscheiden“, so die niederländische Forschungsärztin im Bereich der kosmetischen Dermatologie. Und sie betont: „Aus einigen Studien geht hervor, dass Prebiotika in Kosmetika gegen Akne, Ekzeme und sogar gegen Hautalterung helfen können.“ Von einer Pflege mit prebiotischen Inhaltsstoffen kann also jede Haut profitieren, aber vor allem Menschen
- mit empfindlicher Haut und
- einer durch Hautkrankheiten beeinträchtigten Hautbarriere sowie
- von Akne Betroffene.
Was bringen Prebiotika in Kosmetikprodukten?
In der Kosmetik finden sich nun immer mehr Produkte, die mit Prebiotika angereichert sind. Neben dem positiven Effekt auf das Hautmilieu sollen sie einen weiteren entscheidenden Nutzen bringen. Denn eine Haut mit einer ausgeglichenen Mikrobiota kann Wirk- und Nährstoffe wie Antioxidantien und Vitamine besser nutzen. Prebiotische Inhaltsstoffe sind also eine effiziente Ergänzung, da sie indirekt die Wirksamkeit der aktiven Inhaltsstoffe in Hautpflegepräparaten fördern.
Prebiotika gezielt auf das Hautbedürfnis abstimmen
So vielfältig die Lieferanten von prebiotischen Inhaltsstoffen sind, so vielfältig ist
deren Wirkungen. Durch eine gezielte Auswahl prebiotischer Inhaltsstoffe lassen sich spezifische Hautprobleme verbessern bzw. Hautbedürfnisse gezielt bedienen. Diese selektive Wirkung auf schädliche Mikroorganismen könnte also verstärkt in der Hautpflege zum Einsatz kommen. „Die optimale Zusammensetzung der Mikroorganismen ist vermutlich bei jedem Menschen anders, und somit auch die mögliche Zusammensetzung von Prebiotika, die man auf die Haut auftragen könnte“, so Dr. Ultee. Auch bei Deodorants geht übrigens der Trend in Richtung Einsatz von Prebiotika – durch die selektiv keimhemmenden Eigenschaften soll Körpergeruch minimiert werden, ohne dabei die Hautflora in Mitleidenschaft zu ziehen.
Britta John
ist freie Autorin und Beauty-Journalistin. Die langjährige Autorin von KOSMETIK international berichtet u.a. über Kosmetik, Fashion und Wellness – insbesondere im Frühjahr und Herbst in den großen Trendausgaben der Fach- und auch der Endverbraucherpresse.