Alkohol in Kosmetik
In der Diskussion um unerwünschte Inhaltsstoffe in Kosmetika rückt auch Alkohol immer wieder in den Fokus. Dieser Substanz wird unter anderem nachgesagt, dass sie die Haut austrocknet. Zur Beurteilung gilt es jedoch genauer hinzuschauen.
Alkohol kann als Inhaltsstoff in kosmetischen Formulierungen verschiedene Funktionen erfüllen. So wirkt Alkohol antimikrobiell, also dem Wachstum von Bakterien und Pilzen entgegen. Er entfettet, adstringiert und hinterlässt auf der Haut einen erfrischenden Effekt. Zudem gilt er als sogenannter “Penetration Enhancer”: Die Aufnahmefähigkeit der Haut für andere Wirkstoffe wird verbessert, denn Alkohol macht die Haut kurzfristig durchlässiger. Auch zur geschmeidigen Formulierung eines Produkts kann Alkohol entscheidend beitragen.
Die Nachteile von Alkohol
Doch neben den Vorteilen gibt es auch Nachteile: Auf der Haut verfliegt Alkohol zwar recht schnell. Dies gilt jedoch nicht für enthaltene Weichmacher und Bitterstoffe. Die fett- und wasserlöslichen Stoffe können die Hautbarriere in Mitleidenschaft ziehen und die Haut penetrieren. Vor allem die bislang in herkömmlicher Kosmetik zur Vergällung des Alkohols verwendeten Phthalate sind deshalb stark in den Fokus der Kritik geraten. Je nach Konzentration kann Alkohol zudem die Haut austrocknen, denn er wirkt ähnlich entfettend wie Tenside. Obendrein kann Alkohol – bei zu hoher Konzentration – die Haut reizen und z. B. eine Dermatitis begünstigen.
Was leistet Alkohol in Pflegeprodukten?
Als Bestandteil von Kosmetik kann Alkohol einiges leisten: Man kann ihn zur Konservierung der Inhaltsstoffe, aber auch als Lösungsmittel für andere Stoffe einsetzen (z. B. für Duftöle in Parfums), als Viskositätsregler oder um die Schaumbildung zu reduzieren. In Produkten für fettige und zu Unreinheiten neigende Haut wird Alkohol gerne wegen seiner desinfizierenden Wirkung verwendet. Allerdings gibt es diverse Alkhohol-Varianten, die bei der Herstellung von Kosmetik zum Einsatz kommen. Dabei lässt es sich durchaus zwischen „guten“ und „schlechten“ Alkoholen unterscheiden. In der Kosmetik wird häufig denaturierter Alkohol verwendet, auf der INCI-Liste als „alcohol denat.“ oder „SD Alcohol“ (specially denaturated alcohol) zu erkennen. Hierbei handelt es sich um vergällten, also mit Bitterstoffen ungenießbar gemachten Alkohol. Da man für diesen nicht die sogenannte Verbrauchssteuer auf Alkohol (die frühere Branntweinsteuer) bezahlen muss, fällt die Verwendung preislich weniger ins Gewicht.
Vergällte Variante
Denaturierter Alkohol gehört zu den kurzkettigen und wasserlöslichen Alkoholen, ebenso wie die in den INCI-Listen aufgeführten Varianten Alcohol, Ethanol, Methanol, Propanol, Propyl Alcohol oder Isopropanol. Häufig nennt man die kurzkettigen Substanzen auch „schlechte“ Alkohole – diese sind durchaus nicht unumstritten. Doch wie so oft gilt eben auch hier: Die Dosis entscheidet. In der optimalen Menge eingesetzt, hat Alkohol in einer kosmetischen Formulierung durchaus einen positiven Effekt.
“Gute” Alkohole in Kosmetik
Fett- und Wachsalkohole sowie Zuckeralkohole gehören hingegen zu den langkettigen Alkoholen und gelten als „gute“ Alkohole. Fettalkohole werden aus natürlichen Pflanzenfettsäuren gewonnen und haben sowohl hydrophile als auch lipophile Moleküle. Fettalkohole, darunter Cetearyl Alcohol, Cetylalkohol, Stearyl Alcohol, Behenyl Alcohol und Myristyl Alcohol, nutzt man gerne als Weichmacher oder Verdicker. Ihre etwas festere Konsistenz macht sie ideal für Kosmetik, gibt den Produkten eine angenehme Geschmeidigkeit bzw. Textur und stabilisiert die Formulierung wie ein Emulgator. Eine weitere Variante sind Wachsalkohole. Diese finden sich in gebundener Form in natürlichen Wachsen, z. B. in Wollwachs (nicht-veganer Lanolinalkohol). Wollwachsalkohole sind allerdings sehr fettend und können bei entsprechender Disposition zur Bildung von Hautunreinheiten führen.
Ein prima Feuchtigkeitsspender
Zu den ebenfalls langkettigen Alkoholen gehören die Zuckeralkohole (Alditole) Glycerin und Sorbitol. Bei diesen handelt es sich um Zuckeraustauschstoffe. Sorbitol ist natürlicher Bestandteil vieler Früchte und Gemüse, z. B. von Äpfeln, Pflaumen oder Mais, und findet in der Lebensmittelindustrie gerne als Süßungsmittel Verwendung. Als kosmetischer Inhaltsstoff kann Sorbitol der entfettenden Wirkung anderer Substanzen entgegenwirken und agiert als Feuchtigkeitsspender. Auch Glycerin hat hygroskopische Eigenschaften und gilt als wirksamer Feuchtigkeitsspender.
Es gibt übrigens auch aromatische Alkohole wie beispielsweise Benzylalkohol, der
u. a. Bestandteil von Ysop, Nelken, Jasmin und Rosmarin ist und häufig als Duft- und Aromastoff fungiert.
Alkoholfrei – was heißt das?
Etwas irreführend kann die Auslobung „alkoholfrei“ sein. Trägt ein Kosmetikprodukt die Bezeichnung „alkoholfrei“, darf es dennoch Fett- und Zuckeralkohole enthalten. Maßgeblich für die korrekte Auslobung als „alkoholfrei“ ist der Verzicht auf „schlechte“ Alkohole.
Alkohol und Halal-Kosmetik
Halal-Kosmetik muss ohne klassische Alkoholsubstanzen wie Ethanol auskommen. Für Muslime ist der Genuss von Alkohol tabu. Da kosmetische Inhaltsstoffe auch über die Haut aufgenommen werden können, müssen selbst Kosmetika dem Reinheitsgebot entsprechen und dürfen keine „unzulässigen“ Substanzen enthalten – neben Alkohol u. a. auch bestimmte tierische Inhaltsstoffe. Halal-Kosmetik setzt daher häufig auf Cetearyl Alcohol, ein Fettalkohol pflanzlichen Ursprungs, der als halal gilt. Da Lanolinalkohol ein tierischer Inhaltsstoff ist, darf diese Variante nicht verwendet werden.
Der Stoff in der Naturkosmetik
Da bei Naturkosmetik keine synthetischen Konservierungsmittel eingesetzt werden, dient Alkohol in Natur- und Bio-Kosmetik vor allem als natürliches Konservierungsmittel, das schon bei geringer Konzentration effektiv vor Keimbildung schützt. In der Naturkosmetik wird meist reiner Alkohol in Form von Ethanol (Weingeist), auch in Bio-Qualität, eingesetzt. Soll der Ethylalkohol vergällt werden, kommen dafür häufig ätherische Öle zum Einsatz.
Mithilfe von Alkohol können durch Extraktion aber auch ätherische Öle aus Pflanzen gelöst oder pflanzliche, nicht-wasserlösliche Wirkstoffe aus den Pflanzen gewonnen werden. Für zertifizierte Naturkosmetik bzw. Bio-Kosmetik bestehen hier spezifische Vorgaben. Bei Cosmos Organic beispielsweise gilt: Wenn Alkohol als Extraktionsmittel verwendet wird, muss es Bio-Alkohol sein. Wird ein Biobestandteil mit Nicht-Bio-Alkohol extrahiert, zählt der Bestandteil auch nicht zum Bioanteil. Bio-Alkohol wird aus Pflanzen wie Wein oder Weizen gewonnen.
Alkohol aus nachwachsenden Rohstoffen
Eine Alternative auch für die Naturkosmetik sind sogenannte Diole, die zweiwertigen Alkohole wie Pentylene Glycol, Propylene Glycol, Propanediol oder Butylene Glycol. Diese verhalten sich ähnlich wie andere Alkohole, sind aber verträglicher und entziehen der Haut auch bei höherer Dosierung kein Wasser, sondern spenden sogar Feuchtigkeit. Inzwischen kann Pentylenglykol aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zuckerrohr oder Mais hergestellt werden. Zudem nutzt man in der Naturkosmetik auch Fett- und Zuckeralkohole – als pflegende Zutat oder als Texturgeber.
Auch das Thema Harnstoff (Urea) in Kosmetika wird gelegentlich diskutiert. Mehr dazu lesen sie in einem Beitrag von Dr. Evelyn Fein.
Britta John
ist freie Autorin und Beauty-Journalistin. Die langjährige Autorin von KOSMETIK international berichtet u.a. über Kosmetik, Fashion und Wellness – insbesondere im Frühjahr und Herbst in den großen Trendausgaben der Fach- und auch der Endverbraucherpresse.