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Ocean Beauty // 11.06.2024

Algenwirkstoffe in der Kosmetik

Das Meer macht schön! Forschung und Wissenschaft setzen immer mehr auf marine und hier besonders auf Algenwirkstoffe. Algen und ihre Extrakte lassen sich äußerst vielseitig in der Hautpflege einsetzen – und sind aus der Kosmetik nicht mehr wegzudenken.

Was macht Algen so wertvoll?

Biokompatibilität nennt sich das, wenn unsere Haut genau wie die Wasserpflanzen ständig gegen Stress wie aggressive UV-Strahlen, Wind, Temperaturschwankungen und Austrocknung durch Wind und Sonne kämpfen muss. Algen haben in Jahrmillionen erfolgreiche Widerstandskräfte entwickelt – und diese marinen Wirkstoffe lassen sich in Kosmetika an unsere Haut vermitteln.

Mineralien, Antioxidanzien, Vitamine, essenzielle Fettsäuren und Spurenelemente wie Folsäure, Eisen, Mangan und Magnesium sowie Eiweiß schützen Kollagen- und Elastinfasern, die für Geschmeidigkeit und Festigkeit der Haut verantwortlich sind. Wie aber gelangen diese Wirkstoffe aus den Algen in Kosmetika?

Wie werden Algenwirkstoffe gewonnen?

Zunächst werden die Algen im Meer von Hand, per Schiff oder Traktor mit sogenannten „scoubidous“, einer Art gigantischer Drehschraube, geerntet. Dann wird der glitschige Tang weiterverarbeitet: Entweder zermahlt man die getrockneten Algen zu feinem Puder oder man gewinnt Extrakte der in Algen wie Nori, Chondrus (Knorpeltang), Palmaria oder Ulva enthaltenen wasserlöslichen Wirkstoffe durch Osmose.

Eine weitere Möglichkeit ist das Pulverisationsverfahren, wobei die Algenpartikel in einem Gasstrom aneinanderreiben, sodass ihre Zellwände zerplatzen. Auch alkoholische Auszüge aus getrockneten Algen lassen sich verarbeiten, als schonender gelten allerdings die Mazeration – hier werden den zerkleinerten Algen mithilfe eines Lösungsmittels die Wirkstoffe entzogen – oder Lyophylisation: Dafür kühlt man die frischen Algen auf Temperaturen von -20°C bis -45°C und entzieht ihnen dann das Wasser.

Die so gewonnenen Algenwirkstoffe werden zu Cremes, Gels oder Ölen weiterverarbeitet. Jede Kosmetikmarke setzt dabei ihre eigenen Schwerpunkte. Immer geht es jedoch darum, das durch Alter, Umweltverschmutzung und Stress gestörte Gleichgewicht des Körpers wiederherzustellen. Durch die physiologische Ähnlichkeit von menschlichem Plasma und Meerwasser soll die Haut Substanzen aufnehmen, die dem Organismus fehlen.

Was bewirken Algen auf der Haut?

Algen haben feuchtigkeitsspendende, antioxidative, lichtschützende und antibakterielle Wirkung. Jede Algenart – ob Makro- oder Mikroalge – hat ihre eigenen Eigenschaften und ist auf eine bestimmte Gesichtspartie, einen Hauttyp oder ein bestimmtes Bedürfnis abgestimmt:

  • die Epidermis nähren,
  • Feuchtigkeit spenden,
  • die Haut schützen und beruhigen,
  • die Hautalterung verlangsamen.

Kosmetisch interessant sind vor allem die Gattungen Laminaria, Fucus, Chondrus (Lichen), Palmaria (Dulce), Ulva (Aosa), Litothamnium und Spirulina.

Welche Algenarten sind besonders wirksam?

Die gigantische Laminaria digitata enthält Jod in besonders konzentrierter Form, ist remineralisierend, spendet Feuchtigkeit, schützt und regeneriert.

Die Rotalge Irisches Moos bildet dank ihrer Schleimstoffe einen natürlichen Schutz auf der Haut, hat feuchtigkeitsspendende und weichmachende Wirkung.

Pelvetia, eine Alge der Fucus-Familie, versorgt die Haut mit Feuchtigkeit, fördert die Durchblutung und soll sogar ähnlich verjüngend wirken wie das Wunderhormon DHEA. Insgesamt sind Algen der Gattung Fucus reich an Vitamin C und E und gelten als echte „Putzteufel“, die den ganzen Organismus von Grund auf reinigen. Ganz konkret finden Fucus-Algen in hautstraffenden, entschlackenden Algenbädern und -wickeln Verwendung.

Die auch als Meeressalat bekannte grüne Alge Ulva lactuca ist reich an Magnesium und feuchtigkeitsspendend.

Algenwirkstoffe in der Medizin

Auch neue Medikamente, beispielsweise in der Krebstherapie oder zur Behandlung viraler Infektionen, erhofft sich die Wissenschaft aus dem Meer. Intensiv geforscht wird in diesem Bereich erst seit Kurzem und bislang mit knappen Geldmitteln. Leider ist die Entwicklung vom marinen Wirkstoff bis zum zugelassenen Medikament sehr langwierig und teuer, sodass Ozeane für biomedizinische Studien noch ein Schattendasein führen.

Was sind Mikroalgen?

Mikroalgen zählen zu den ältesten Lebensformen der Erde. Sie sind überall zu finden, lassen sich züchten und könnten als nachwachsende Rohstoffe einen wichtigen Beitrag leisten für nachhaltige Entwicklung. Bei Wissenschaftlern gelten sie jedenfalls als die „Alleskönner der Zukunft“, so Dr. Gerd Huschek vom IGV (Brandenburg), wo intensiv mit Mikroalgen geforscht und gearbeitet wird – insbesondere mit „extremophilen“ Mikroalgen aus heißen vulkanischen Thermalquellen. Mikroalgen sind eine nahezu unerschöpfliche Quelle für neue Wirkstoffe. Zudem passen sie sich auch lebensfeindlichen Umweltbedingungen an – wie intensiver UV-Strahlung, starken Temperaturschwankungen sowie extremen pH-Werten.

Was tun Mikroalgen für die Haut?

“Mikroalgen enthalten dermatologisch wertvolle Algenproteine und Algen-Polysaccharide, die nicht nur Feuchtigkeit spenden, sondern auch den Hautstoffwechsel stimulieren, Hautzellen regenerieren und vor freien Radikalen schützen können”, erklärt Dipl. Biochemikerin Elke Kurth von der IGV GmbH. Dem dortigen Team ist es gelungen, die wertvollen Algen-Inhaltsstoffe in Form von bioaktiven Algenextrakten zu gewinnen.


Die Gewinnung dieser bioaktiven Wirkstoffextrakte aus biotechnologisch produzierter Algenbiomasse ist zwar ein nachhaltiger Prozess. Allerdings kostet er noch viel Energie und Geld. Bislang werden Mikroalgen meist eingefroren, dann aufgetaut und mit Enzymen behandelt, um die stabilen Zellwände aufzubrechen.

Beate Kuhn-Delestre

arbeitet als freie Journalistin, Dokumentarfilmerin, Buchautorin und Mitarbeiterin bei Musikfestspielen. Sie lebt in Deutschland und Frankreich und schreibt seit 1989 für KOSMETIK international.