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Hautbilder & Fakten // 03.08.2024

Sensible Haut und leicht gereizt – was tun?

Wie reagieren, wenn die Haut brennt, gerötet ist, juckt und man am liebsten buchstäblich aus ihr herausfahren möchte? Tatsächlich haben immer mehr Menschen eine leicht reizbare, sensible Haut. Dr. med. Christine Schrammek-Drusio und Christina Drusio erläutern, worauf es bei der Behandlung ankommt.

Wie kommt es dazu, dass immer mehr Menschen eine leicht reizbare, sensible Haut haben? Die Ursachen sind vielschichtig. Häufig liegt ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren vor, man spricht dann von einem multifaktoriell verursachten Zustand.

Welche Ursachen gibt es für sensible Haut?

Die Haut kann genetisch bedingt „empfindlich“ sein. Zugrunde liegt eine gestörte Hautbarriere. Dadurch ergibt sich ein erhöhter Feuchtigkeitsverlust, der auch an der Haut messbar als erhöhter transepidermaler Wasserverlust (TEWL) ist. Die Folge ist eine trockene Haut. Zudem können durch die Störung der Barriere Reizstoffe deutlich einfacher in die Haut eindringen und so schneller zu Irritationen führen. Als Folge der gestörten Hautbarriere können sogar Hauterkrankungen wie Ekzeme entstehen. Aber auch durch falsche Reinigungs- und Pflegeprodukte (z. B. stark entfettende Tenside, falsche Produktgrundlagen für den Hauttyp) kann die hauteigene Barriere ins Ungleichgewicht kommen, was eine irritierte, empfindliche Haut begünstigt.

Wenn Hautreize stärker wahrgenommen werden

Bei der Neurosensitivität (vom altgriechischen Neuron = Nerv) liegt eine sehr niedrige Toleranzschwelle der Haut vor. Das bedeutet, dass äußerlich einwirkende Reize stärker wahrgenommen werden und die Haut schnell in einen „unrelaxten“ Zustand gerät. Hinzu kommt eine gesteigerte Nervenreaktion der Haut, wodurch die ohnehin schon stärker wahrgenommenen Reize zu einer gesteigerten Antwortreaktion führen. Im Akutfall wird oft durch nur einen einzigen Triggerfaktor eine ganze Kaskade von Reaktionen ausgelöst. Die Folge sind sichtbare und/oder fühlbare Hautreaktionen, die auch unabhängig voneinander auftreten können:

  • sichtbar durch Rötungen, Schwellungen oder eine Abschuppung der Haut bis hin zu Hautentzündungen.
  • fühlbar durch Juckreiz, Brennen, Kribbeln, Missempfindungen oder Spannungsgefühle.

Ist die Haut gereizt oder entzündet?

Ist die Kosmetikerin mit solchen akuten Reizzuständen konfrontiert, muss sie zunächst gut abgrenzen können, ob die Haut gereizt bzw. irritiert ist oder ob tatsächlich schon eine Hautentzündung in Form eines Ekzems vorliegt. Ekzeme gehören zu den Hauterkrankungen und sind daher nicht kosmetisch zu behandeln. Dann sollte man den Kunden besser an einen Dermatologen verweisen. Ekzeme lassen sich ärztlich gut mit lokalen Kortisonpräparaten therapieren. Diese Behandlungen erfolgen in der Regel jedoch nur kurzzeitig, bis sich die akute Entzündung gebessert hat. Das hat den Vorteil, dass man Nebenwirkungen einer längerfristigen Anwendung, wie z. B. einem “Dünnerwerden” der Haut, vorbeugen kann. Genauso wichtig ist jedoch, die Hautbarriere frühzeitig wieder aufzubauen bzw. zu stärken.

Sensible Haut in langfristig gutem Zustand

Oftmals ergeben sich zwischen Kosmetikerin und Dermatologe gute Synergien. Denn ist eine akut entzündliche Haut mit dermatologischer Hilfe erst einmal „eingestellt“, kann man einen guten Zustand der Haut durch eine geeignete Pflege langfristig erhalten. Wichtig ist, dass Kosmetik-Profis darin gut ausgebildet sind. Denn sowohl die Anatomie der Haut spielt eine große Rolle als auch die Einstufung von Krankheiten und ergänzenden Möglichkeiten in der Kosmetikkabine. Um bei irritierter, sensibler Haut sicher und erfolgreich zu behandeln , sind zudem gute Kenntnisse der Produktgrundlagen sowie ihrer Wirkmechanismen von großer Bedeutung.

Welche Pflege eignet sich für sensible Haut?

Vor allem dermatologische Pflegelinien bieten zahlreiche Produkte für empfindliche Haut, vor allem aber Soforthilfe (SOS-Lösungen) bei irritierter, gereizter Haut: damit diese möglichst rasch wieder in ihr natürliches Gleichgewicht zurückfindet. Die Kernaufgaben solcher Produkte sind zu beruhigen, zu entspannen, Irritationen, Trockenheit und Missempfindungen zu mindern und die Hautbarriere zu stabilisieren.

Durch innovative Kombinationen aktiver Wirkstoffe und eine optimale Grundlage können mit kosmetischer Pflege Reaktionen wie Rötungen sowie ein Spannen und Brennen der Haut verringert werden, oftmals sogar mit Soforteffekt. Reaktive Haut benötigt schnelle Entspannung – und entsprechende Produkte müssen wohlüberlegt entwickelt werden. Für die Galenik, also die Art der Grundlage, eignen sich hierbei gut angenehm leichte Konsistenzen. Schon dadurch wird die Haut sofort besänftigt und gekühlt. Mit abgestimmten Formeln lässt sich ein schweres Hautgefühl, eine zu starke „Abdichtung“ der Haut sowie ein okklusives Wärmegefühl wie z. B. bei fettreichen Cremes vermeiden.

Bei den Produkten genau hinschauen

Die Grundlagen der Präparate sollten auf irritierende Stoffe mit einem erhöhten Allergiepotenzial verzichten, damit das ohnehin „unentspannte“ Hautbild nicht noch mehr aus dem Gleichgewicht gerät. Dass die INCI-Listen der geeigneten Produkte ohne Farbstoffe, allergiepotente Duftstoffe, Parabene, Mineralöl und PEG-Derivate auskommen, versteht sich daher von selbst. Ebenso sollte die gute Hautverträglichkeit bestätigt sein. Diese sollte für Akutpflege an einem Panel mit ausschließlich sensibler Haut nachgewiesen werden.

Welche Wirkstoffe eignen sich für gestresste Haut?

Für eine “Relax-Pflege” als Problemlöser eignen sich vor allem traditionelle Substanzen, die allerdings sehr innovativ kombiniert werden können. Ziel sollte es sein, die Haut zu beruhigen und ihre Barriere zu stabilisieren. Dies kann z. B. mit Wirkstoffen erfolgen, die nachweislich den transepidermalen Wasserverlust vermindern. Extrakte aus bewährten Heilpflanzen für sensible Haut können wie eine „Feuerwehr“ gegen vorübergehende, aber auch dauerhafte Irritationen wirken:

  • Gotu Kola (Centella asiatica), Süßholz (Glycyrrhiza glabra), grüner Tee (Camellia sinensis), japanischer Staudenknöterich (Polygonum cuspidatum) oder Helmkraut (Scutellaria baicalensis) sind nur einige der bewährten SOS-Pflanzen. Sie haben u. a. eine entzündungshemmende und immunmodulatorische Wirkung und können Hautirritationen und Juckreiz auf natürliche Weise rasch lindern.
  • Die Ballonrebe (Cardiospermum halicacabum) wird sogar pharmazeutisch bei juckendem, allergischen Hautausschlag eingesetzt. Auch in kosmetischen Mitteln macht man sich die hervorragende anti-entzündliche, reizmindernde Wirkung dieser Pflanze seit vielen Jahren mit großem Erfolg zunutze. Ihre Eigenschaften werden den hohen Anteilen an Phytosterolen (z. B. ß-Sitosterol, Campesterol) und Triterpenen zugeschrieben. Durch ihre entzündungs- und juckreizhemmende Intensivwirkung ist die Ballonrebe auch bekannt als „pflanzliches Kortison“.
  • Für einen sofortigen Hautkomfort und damit einen Relax-Effekt erlebt aktuell ein Trendwirkstoff ein wirkliches „Revival“: Squalan stärkt die geschwächte Hautbarriere, ist feuchtigkeitsbewahrend, glättend und verbessert den Hautkomfort nahezu sofort. Das Besondere: Squalan ähnelt sehr stark dem hauteigenen Squalen (ungesättigte Fettsäure, Bestandteil des Sebums) und wird daher besonders gut vertragen. Somit ist es ein guter Wirkstoff zur Pflege sensibler, reaktiver Haut.

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Dr. med. Christine Schrammek-Drusio und Christina Drusio

Dr. med. Christine Schrammek-Drusio ist Dermatologin und Allergologin. Als Anti-Aging-Expertin entwickelt sie Behandlungsmethoden, u.a. die Kräuterschälkur „Green Peel“ und dermatologische Pflegeprodukte.

Christina Drusio ist Teil der Inhaberfamilie und Mitglied der Geschäftsführung der Dr. med. Christine Schrammek Kosmetik GmbH & Co. KG. Sie ist Dermatologin und als Expertin zum Thema Haut eine geschätzte Referentin bei internationalen Vorträgen und Seminaren..