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Aktuelles // 07.06.2024

Barrierefreie Websites – das müssen Sie wissen!

Um die digitale Inklusion umzusetzen, gilt ab 28. Juni 2025 u.a. für bestimmte Websites und Apps eine gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit, das BFSG. Das klingt zunächst überwältigend und nach viel Arbeit. Doch es gibt Ausnahmen! Für welche Unternehmen diese gelten und wie Sie Ihre Website (auch freiwillig) barrierefrei gestalten können, erklärt Britta John.

Wem helfen barrierefreie Websites?

Barrierefreie Websites sollen nicht nur digitale Inhalte für blinde oder sehbehinderte Menschen hörbar machen. Sie sollen insgesamt den Zugang zu den Inhalten erleichtern, unabhängig von Einschränkungen oder technischen Möglichkeiten. „Für zehn Prozent der Bevölkerung ist die Barrierefreiheit im Internet unerlässlich, für mindestens 30 Prozent notwendig und für 100 Prozent hilfreich“, erklärt die Aktion Mensch. Allein 10 Millionen Menschen in Deutschland haben eine anerkannte Behinderung. Von der digitalen barrierefreiheit profitieren Menschen mit verschiedenen Einschränkungen oder Behinderungen:

  • Blindheit, Sehbehinderung, Rot-Grün-Sehschwäche, altersbedingte Seheinschränkungen
  • Gehörlosigkeit, Schwerhörigkeit
  • motorische Einschränkungen
  • körperliche Einschränkungen
  • kognitive Einschränkungen
  • temporäre Einschränkungen, u.a. durch Unfälle, Operationen, Medikamente

Welche Webseiten müssen ab 2025 barrierefrei sein?

Mit dem Gesetz werden zum ersten Mal Privatunternehmen zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet, sofern ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Ob Ihr Unternehmen die Anforderungen erfüllen muss, finden Sie in § 1, Absatz 2 und 3 BFSG. Betreiber von Websites, Onlineshops und Apps sollten jedenfalls genau hinschauen. Sogenannte „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ fallen bei Websites und Onlineshops unter das BFSG. Dazu zählen z. B. der Abschluss eines Kaufvertrages im E-Commerce, sowie Kontaktformulare und Online-Terminbuchungs-Tools.

Wichtig: Die gesamte Website inklusive Abschluss des Bestellvorgangs muss nach den Vorschriften des BFSG barrierefrei sein.

Gibt es Ausnahmen vom BFSG ?

Ja, es gibt Ausnahmen! Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und weniger als zwei Millionen Euro Jahresumsatz, die Dienstleistungen erbringen, sind vom Gesetz ausgenommen. Die Ausnahme gilt nicht für Kleinstunternehmen mit Produkten, die in den Anwendungsbereich des BFSG fallen. In bestimmten Fällen können sich Unternehmen darauf berufen, dass die Einhaltung der Anforderungen eine unverhältnismäßige Belastung (organisatorisch oder finanziell) darstellt.

Gerne freiwillig barrierefrei!

Selbst Unternehmen, die nicht unter die Regelungen des BFSG fallen, sollten ihre Webangebote auf freiwilliger Basis barrierefrei gestalten.

  • Die digitale Inklusion kann, auch angesichts einer immer älter werdenden Kundschaft ein Qualitätsmerkmal darstellen – und wird damit zum Wettbewerbsvorteil.
  • Mit barrierefreiem Design lassen sich neue Zielgruppen erobern.
  • Und: Barrierefreie Websites sind stabiler, laden schneller und können sich positiv auf das SEO-Ranking auswirken.

Zögern Sie jedoch nicht zu lange. Barrierefreie Webangebote lassen sich nicht nebenbei gestalten. Sofern Sie Unterstützung benötigen, sollten Sie frühzeitig mit der Suche nach WebdesignerInnen beginnen.

Wie wird eine Website barrierefrei?

Für Websites und Apps sollte mindestens der internationale WCAG-Standard 2.1, Stufe AA, umgesetzt werden (WCAG = Web Content Accessibility Guidelines). Diese Stufe der internationalen Richtlinien für barrierefreie Webinhalte umfasst alle Anforderungen, die Websites für die große Mehrheit der Menschen mit Behinderung zugänglich machen. Ein schöner Nebeneffekt: Auch der Besuch mit Tablet oder Smartphone wird vereinfacht! Hier können nicht alle Gestaltungselemente aufgezeigt werden, die einen Webauftritt barrierefrei machen. Einige wichtige Punkte gilt es jedoch zu beachten:

Schrift und Struktur – Menschen mit Sehbehinderung sind auf assistive Technologien, wie Screenreader oder Sprachsteuerung, angewiesen, um eine Website zu nutzen. Entscheidend für Screenreader ist eine klare HTML-Struktur der Website, die dem Tool die problemlose Erkennung ermöglicht.

  • Der Screenreader hat eine Vorlesefunktion, doch u.a. Großbuchstaben, Fettdruck oder Hintergrundgrafiken können das Vorlesen beeinträchtigen. Ebenso werden URLs und Emojis sehr umständlich vorgelesen.
  • Für sehbehinderte Menschen muss die Schriftgröße auf Websites anpassbar sein. Layouts sollten also auf mindestens 200% gezoomt werden können.

Farben und Kontrast – Auch Farben können zur Barriere werden, etwa für Menschen, die lediglich Graustufen wahrnehmen. Und die Farben Rot und Grün sind bei einer Rot-Grün-Sehschwäche alles andere als ideal. Entscheidend ist jedoch der Kontrast. Ob bei Headlines, Text oder Buttons: Ist der Farbkontrast zu gering, können sehbehinderte oder auch ältere Menschen mit Sehschwäche nicht teilhaben. Ein starker Kontrast ist zudem hilfreich, wenn die Sonne mal wieder auf den Monitor oder das Display scheint!

Barrierefreie Websites sind einfach zu bedienen

Navigation per Tastatur – Alle Websites müssen per Maus, Touchscreen und Tastatur bedienbar sein. Jeder Bereich, z. B. Text oder Links, der sonst über die Maus ausgewählt wird, muss also auch mit einem Tastendruck navigiert werden können. Diese Funktion sollte bereits bei der Website-Erstellung berücksichtigt werden.

Links/Icons/Buttons – Hier ist deutliche Kommunikation gefordert.

  • Buttons und Links sollten das Ziel anzeigen: Ein Klicken Sie „hier“ vermittelt nicht, wohin der Link führt. Erforderlich sind klare Bezeichnungen, z.B. „Zum Newsletter anmelden“, „Senden“ oder „Bezahlen“. Im Link sollte auch ein Hinweis auf abweichende Dateiformate (z.B. PDF) erfolgen.
  • Bestimmte Elemente wie Icons lassen sich dagegen so einbauen, dass sie für Screenreader versteckt dargestellt und nicht vorgelesen werden – das erleichtert die Nutzung der Website.

Wie lassen sich Bilder und Videos barrierefrei einbinden?

Können Bilder visuell nicht erkannt werden, schafft ein Alt-Text (die textliche Beschreibung eines Bildes) Abhilfe. Die Alternativtexte werden von assistiven Technologien, z. B. Screenreadern, vorgelesen. Wichtiger Text sollte deshalb nicht in ein Bild integriert werden – dieser Text ist für Screenreader nicht lesbar. Der Alt-Text ist übrigens auch hilfreich, falls die Seite nicht korrekt lädt. Ist das Bild rein dekorativ, darf der Alt-Text leer bleiben.

Videos können mit Untertiteln versehen werden, um gehörlosen Menschen Zugang zu verschaffen. Eine Audiodeskription ist für blinde Menschen notwendig, sofern die Inhalte nicht über die Sprache vermittelt werden.

Wie werden Formulare barrierefrei?

Funktionen wie Online-Formulare, Zahlungs- oder Identifizierungsprozesse fallen unter das BFSG. Diese Elemente sollten – um von Screenreadern identifiziert werden zu können – eine klare Beschriftung aufweisen und in ausreichendem Farbkontrast gestaltet werden. Zudem müssen diese Elemente auch per Tastatur zugänglich und nutzbar sein.

Bei Downloads sollte ein Hinweis auf die Dateiformate (z. B. PDF) erfolgen – die verlinkte Datei sollte natürlich ebenfalls barrierefrei sein.

Wie mache ich meine Social Media-Kanäle barrierefrei?

Falls Sie auf Social Media aktiv sind, können Sie auf den verschiedenen Plattformen Ihre Beiträge mit ein paar Schritten zugänglicher für alle gestalten:

  • Produzieren Sie keine Textwüsten. Absätze im Beitragstext erleichtern das Lesen.
  • Gehen Sie sparsam mit Emojis um. Platzieren Sie diese am besten am Satzende.
  • Verzichten Sie auf Unicode-Zeichen (die z.B. Fett- oder Kursivschrift generieren). Diese Zeichen bereiten Screenreadern Probleme.
  • Achten Sie auch bei Social-Media-Posts auf Alt-Texte für Bilder oder Grafiken. Slideshows oder Videos werden mit einer separaten Beschreibung auch für blinde und gehörlose Menschen zugänglich.  

Bitte beachten Sie: Dieser Beitrag stellt keine verbindliche Aussage oder Rechtsberatung dar!

Britta John

ist freie Autorin und Beauty-Journalistin. Die langjährige Autorin von KOSMETIK international berichtet u.a. über Kosmetik, Fashion und Wellness – ins­besondere im Frühjahr und Herbst in den großen Trendausgaben der Fach- und auch der Endverbraucherpresse.