Wirkstoffwunder Wald
Geheimnisumwoben ist er – nicht nur in mythologischer Hinsicht: Der Wald wirkt sich positiv auf unser körperliches und seelisches Wohlbefinden aus. Aber auch unsere Haut kann von den Wirkstoffen in den Bäumen und Pflanzen profitieren.
Der Wald gilt als Sehnsuchtslandschaft in Gedichten, Sagen und Märchen. Er riecht nach feuchter Erde, Moos und Harz und bietet im stressigen Alltag einen idealen Ort zur Regeneration. In Japan ist Waldbaden (Shinrin Yoku) sogar zu einer anerkannten Stress-Management-Methode avanciert. Darüber hinaus haben die Wälder neben den Meeren den größten Einfluss auf unser Ökosystem. Blätter und Nadeln filtern Staub aus der Luft, über die Wurzeln und den Waldboden wird Regen gespeichert, der Wasserhaushalt reguliert und die Bäume verwandeln Kohlendioxid in Sauerstoff. Zudem bietet das Ökosystem Wald eine Heimat für mehr als 1 200 verschiedene Pflanzenarten. In vielen Pflanzen und Bäumen unserer heimischen Wälder stecken wahre Schätze für unsere Haut.
Wirkstofflieferant Rosskastanie
Aus kosmetikwissenschaftlicher Sicht finden sich im Wald zahlreiche Power-Wirkstoffe. So ist die Rosskastanie heute bereits ein Klassiker und in einer Vielzahl von kosmetischen Produkten enthalten. Sie enthält viele Flavonoide, Cumarine, Nährstoffe und Gerbstoffe. Doch der wohl spannendste Wirkstoff ist Escin. Er zeigt ödemprotektive, entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften. Indikationen von Escin außerhalb der Kosmetik sind u. a. eine chronische Venenschwäche sowie Sportverletzungen wie Hämatome oder Schwellungen. In der Kosmetik findet Escin seinen Einsatz insbesondere in Augencremes, aber auch in Cellulitecremes konnte es neben anderen Wirkstoffen seine Effektivität zeigen. Neben Escin ist das in den Blüten der Rosskastanie enthaltende Cumarin interessant für den kosmetischen Einsatz. Es wirkt antioxidativ und aufhellend. Die Cumarinverbindung Aesculin, die bereits durch den Hamburger Dermatologen Paul Unna Anfang des 20. Jahrhunderts extrahiert wurde, ist eine fluorisierende Substanz, die als Lichtschutzmittel eingesetzt wird.
Ein Sinnbild des Frühlings
Abgesehen von der Kastanie bietet auch die Birke einen großen Nutzen für die Kosmetik. Das zarte Grün ihrer Blätter ist der Inbegriff des Frühlings und daher auch im Brauchtum des Maibaums fest verankert. Aber die Birke bietet viel mehr als ihr schönes Aussehen. So findet sich etwa in der Rinde der Weißstämmigen Birke (Betula alba) der Wirkstoff Betulin. Zahlreiche Studien konnten seine antientzündliche, antibakterielle, antivirale, juckreizlindernde und wundheilungsfördernde Wirkung nachweisen. Darüber hinaus ist Betulin auch aus chemischer Sicht sehr interessant, da es in der Lage ist, Pflanzenöl und Wasser zu einer Emulsion zu binden. Diese sogenannte Betulsion hat sich bei der Pflege der trockenen Haut bewährt, da sie vor einer Dehydrierung und vor einem Anstieg des transepidermalen Wasserverlustes schützen kann. Für Birkenpollenallergiker sind kosmetische Zubereitungen mit Betulin unbedenklich, da die Allergene der Birkenblüten in der Rinde nicht enthalten sind.
Mit herzförmigen Blättern und betörendem Duft
Auch der Lindenbaum hat in Deutschland eine besondere kulturelle Bedeutung. Die Linde steht für Frieden, Treue und Gerechtigkeit und findet sich in zahlreichen Liedern sowie in der Kunst – z. B. in den Bildern von Max Liebermann – wieder. Im Fokus der kosmetikwissenschaftlichen Forschung steht besonders der Extrakt der Lindenblüten, der unter anderem Wirkstoffe wie Farnesol, Glykoside, Flavonoide und Gerbstoffe enthält. Lindenblüten haben einen süßlichen Duft, weshalb sie im Bereich der Aromatherapie eingesetzt werden. Die wissenschaftliche Datenlage zum Lindenblütenextrakt ist bisher jedoch sehr gering.
Sind Sie interessiert an weiteren Power-Wirkstoffen aus dem Wald? Dann lesen Sie den vollständigen Artikel “Aus dem Verborgenen” unserer Fachautorin Dr. Meike Streker in der April-Ausgabe von KOSMETIK international.
Dr. Meike Streker