Der Hautbaum aus Mexiko
Influencer – darunter auch Filmstars aus Hollywood – preisen den Hautbaum der Maya als neues kosmetisches Wundermittel an. Wir stellen Ihnen diese Heilpflanze aus der traditionellen Medizin Mexikos vor und klären, ob an diesem medialen Hype um Tepezcohuite tatsächlich etwas dran ist.
Bei den Maya und anderen alten Kulturen waren es weise Medizinmänner oder Schamanen, die den Menschen wirkungsvolle Naturkräuter oder Heilmittel ans Herz legten – heute sind es „Influencer“, Youtuber und Berühmtheiten des Showbiz wie die Schauspielerin Salma Hayek. So brachte es kürzlich eine bis dahin nur Wenigen bekannte Substanz weltweit in die Schlagzeilen: Tepezcohuite (Mimosa tenuiflora oder Mimosa hostilis), auch bekannt als Jurema oder Lebensbaum. Neben den wissenschaftlichen Namen sind auch andere Bezeichnungen wie Jurema preta, Black Jurema, Calumbi, Cabrero oder Mimosa cabrera gebräuchlich. Die Pflanze zählt zur Familie der Leguminosae oder Mimosaceae (Mimosenartige).
Wo wächst der Hautbaum der Maya?
Der große dornige, immergrüne Strauch oder Baum gedeiht in warmen Klimazonen auf 50 bis 600 Metern Höhe – vor allem in Mittel- und Südamerika, wobei es in Brasilien und Mexiko die größten Aufkommen gibt. Die medizinisch und kosmetisch wirksamen Substanzen von Tepezcohuite finden sich in der Rinde des Stammes und werden traditionell vor allem bei Hautproblemen eingesetzt – daher der Beiname „Hautbaum“. Mimosa hostilis ist unter den Ureinwohnern Brasiliens und anderer südamerikanischer Länder gebräuchlich – als Medizin, zeremonielles Getränk oder auch als Räucherwerk. In den nordöstlichen Regionen Brasiliens bereiten Schamanen – wie einst bei einigen Maya-Stämmen – aus der Wurzelrinde des Strauches ein Rauschgetränk namens Vinho de Jurema zu, dessen psychoaktive Wirkung auf die darin enthaltenen 1 bis 1,7 % (höchstens 3 %) Dimethyltryptamin (DMT) zurückgeht. Das Getränk wird als Teil einer schamanischen Zeremonie getrunken und löst einen traumähnlichen Zustand aus. Die halluzinogene Wirkung von DMT wird bei Tepezcohuite noch verstärkt durch die ebenfalls darin enthaltenen Harmala-Alkaloide, die den Körper daran hindern, die Substanz DMT abzubauen. Deshalb ist Vorsicht geboten, denn da diese Alkaloide als MAO-Inhibitoren fungieren, sollte man bei innerlicher Anwendung unbedingt auf Alkohol, Antiallergika, Opiate, Stimulanzien, Meskalin, Muskatnuss, Koffein sowie tyrosinhaltige Lebensmittel verzichten.
Wie wirken die Extrakte des Hautbaums?
Das Pulver aus der gemahlenen Rinde wurde wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften traditionell zur Behandlung von Verbrennungen und zur Hautpflege eingesetzt, denn Tepezcohuite wirkt antioxidativ und entzündungshemmend, bekämpft zudem freie Radikale – was ihm den Beinamen „Baum der Haut“ bescherte.
In der traditionellen Medizin Mexikos wird Tepezcohuite schon seit Jahrhunderten zur Behandlung zahlreicher Gesundheitsprobleme wie Husten, Bronchitis, Scheideninfektionen, Magengeschwüre und von Schmerzen eingesetzt. So kann man auf den Märkten in Mexiko Kapseln mit der pulverisierten Baumrinde zur Behandlung von Magen-Darm-Geschwüren kaufen. In erster Linie allerdings ist Tepezcohuite als Heilmittel für Wunden und Hautverletzungen bekannt. Die Ausfuhr des populären Pulvers wird von den staatlichen Gesundheitsbehörden und dem mexikanischen Landwirtschaftsministerium recht streng kontrolliert.
Beeindruckende Wirkung bei Brandwunden
Bereits Mitte der 1980er Jahre wurde die erstaunliche Wirkung von Tepezcohuite entdeckt: Sowohl nach dem verheerenden Erdbeben in Mexiko Stadt 1985 als auch nach der Explosion der Pemex- Gasanlage 1984, bei der über 500 Menschen starben und Hunderte fürchterliche Brandwunden erlitten, ordnete der Leiter des mexikanischen Roten Kreuzes die Verwendung von Tepezcohuite-Pulver an, um die verbrannten Hautstellen der Brandopfer zu behandeln. Die analgetische, schmerzlindernde Wirkung in weniger als drei Stunden und eine vollständige Rekonstitution der Epidermis innerhalb von drei bis fünf Wochen sowie eine Repigmentierung nach nur drei Monaten verblüfften Wissenschaftler und Ärzte weltweit. Seither wird das in Südamerika vor allem als zeremonielles Rauschmittel verwendete Pflanzenprodukt vielerorts in pharmazeutischen und kosmetischen Labors und Studien wissenschaftlich erforscht.
Fazit: Die Untersuchungen laufen noch, doch bereits jetzt zeichnet sich für Wissenschaftler ab, dass die Tepezcohuite-Rinde nachweislich erstaunliche bakteriostatische, antiseptische und hautregenerierende Eigenschaften aufweist. Zudem kann sie effizient als Analgetikum zur sofortigen Linderung von Verbrennungen und als Antibiotikum eingesetzt werden.
Beate Kuhn-Delestre
arbeitet als freie Journalistin, Dokumentarfilmerin, Buchautorin und Mitarbeiterin bei Musikfestspielen. Sie lebt in Deutschland und Frankreich und schreibt seit 1989 für KOSMETIK international.