Ceramide, PHA & Co. – die unterschätzten Pflege-Helden
Retinol und Hyaluronsäure sind die Stars unter den kosmetischen Wirkstoffen. Andere Substanzen wie Ceramide und PHA führen hingegen ein Schattendasein, obwohl sie viele positive Effekte auf die Haut haben. Das sollte sich ändern, findet Kosmetik-Expertin Sarah White
Alle kennen Jojobaöl & Co.
Bei derart vielen erhältlichen Lipiden in Kosmetika spielen Ceramide bis heute leider noch immer eine untergeordnete Rolle. Fragt man nach beliebten Lipiden werden stattdessen häufiger pflanzliche Öle wie Jojoba-, Mandel- oder Arganöl genannt. Auch Hersteller setzen in vielen Fällen lieber exotisch anmutende Öle ein als Ceramide – dabei haben diese hautidentischen Bestandteile eine ganz besondere Wirkung.
Was sind Ceramide und wie wirken sie?
Ceramide sind eine Gruppe von Lipiden, die eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Hautbarriere spielen.
- Sie kommen natürlicherweise in und auf der Haut vor und schützen diese so vor Feuchtigkeitsverlust und äußeren Einflüssen wie Umweltbelastungen oder Reizstoffen.
- Sie bestehen aus einer langen Fettsäurekette und einer sphingosinähnlichen Komponente. Mit dieser einzigartigen Struktur formen sie, zusammen mit Cholesterol und Fettsäuren, eine schützende Barriere auf der Haut – die Lipidmatrix, auch Hautbarriere genannt.
- Sie helfen zudem, Hautzellen miteinander zu verbinden, was den Feuchtigkeitsverlust der Haut minimiert. Die Haut bleibt hydratisiert, geschmeidig und widerstandsfähig.
Die Wirkung von Ceramiden zeigt sich eindrucksvoll, wenn man Hauterkrankungen mit Ceramidmangel betrachtet: typisch können z. B. Ekzeme, Neurodermitis, Psoriasis oder auch die Ichthyose sein.
Aufpolsternd: Glykosaminoglykane
Hyaluronsäure kennen wir alle. Das natürlich in der Haut vorkommende Molekül ist bekannt für seine stark feuchtigkeitsbindenden Eigenschaften. Es verhilft der Haut zu einer verbesserten Hydratisierung und kann feine Fältchen aufpolstern. Hyaluronan selbst zählt zu den sogenannten Glykosaminoglykanen (kurz GAG), ebenso wie Chondroitinsulfat, Dermatansulfat, Keratansulfat und Heparin. Alle GAGs zeichnet aus, dass sie aus sich wiederholenden Einheiten von Zweifachzuckern bestehen – sie sind saure Polysaccharide. Ihre sauren Eigenschaften sind dafür verantwortlich, dass alle GAGs effektiv Wasser binden und so den Turgor und die Elastizität des Gewebes erhöhen können. Neben Hyaluronsäure werden auch andere GAGs oder deren Bestandteile in Hautpflegeprodukten eingesetzt, finden aber kaum Aufmerksamkeit.
- Beispiele dafür sind N-Acetyl-Glucosamine oder die Glucuronsäure. Sie können, als Bestandteil von Hyaluronan und anderen GAGs, die körpereigene Synthese von Polysacchariden anregen und so quasi von innen für eine verbesserte Produktion sorgen.
Was ist Glycerin?
Glycerin (Glycerol) ist eine farblose, viskose Flüssigkeit, die als Feuchtigkeitsbinder eingesetzt wird. Dieser Zuckeralkohol kommt in Pflanzen- und Tierfetten vor, wird aber auch durch die Hydrolyse von Pflanzenölen gewonnen. Glycerin ist Teil unseres Natural Moisturizing Factor (NMF), also hauteigener Bestandteil des körpereigenen Feuchthaltesystems. Einzigartig ist seine Eigenschaft, Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft aufzunehmen und sie in der Haut zu binden.
Wie wirkt Glycerin auf die Haut?
Häufig wird vor Glycerin gewarnt, es wirke austrocknend. Tatsächlich ist Glycerin häufig sogar deutlich hydratisierender als Urea. Der Mythos stammt daher, dass der Zuckeralkohol bei extrem hohen Konzentrationen von ca. 30 % eine austrocknende Wirkung haben kann. Diese Mengen werden in Hautpflegeprodukten aber bei Weitem nicht erreicht. Empfohlene Einsatzkonzentrationen liegen bei rund 10 %, und selbst diese hohe Menge schafft es kaum in die meisten Produkte. Auch die Aussage, Glycerin entziehe der Haut Feuchtigkeit, ist nicht korrekt: Glycerin bindet diese auf der Haut und verhindert dadurch sogar die Verdunstung über den TEWL.
Was sind PHA?
Gluconolacton, Lactobionsäure und Maltobionsäure sind Polyhydroxysäuren (PHA), die im Gegensatz zu anderen Fruchtsäuren noch immer ein Nischendasein führen. Glykolsäure, Milchsäure, Mandelsäure als Beispiele für AHA (Alpha-Hydroxysäuren) oder Salicylsäure als BHA (Beta-Hydroxysäuren) sind deutlich besser bekannt. PHA, als Abkömmlinge von AHA, hingegen nicht. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von organischen Säuren mit mehreren Hydroxylgruppen (-OH) in ihrer chemischen Struktur. Sie haben gegenüber anderen Säurearten viele Vorteile, allen voran wohl ihre Verträglichkeit.
PHA haben eine größere Molekülstruktur als AHA und BHA. Das macht sie sehr verträglich, selbst für empfindliche Haut.
Wie wirken PHA?
- Durch sanfte Exfoliation regen PHA die Hautregeneration an und verbessern Hautbild, -textur und -struktur – was ideal ist für Anti-Aging-Zwecke oder gegen unreine Haut.
- Außerdem sind Lactobionsäure, Gluconolacton und Maltobionsäure tolle Antioxidantien und wirken zusätzlich stark feuchtigkeitsspendend.
- Mit PHA lässt sich das Hautbild verbessern, ohne starke Reizungen und Nebenwirkungen herkömmlicher Säuren zu riskieren. Im Gegenteil: sie wirken barrierestärkend.
PHA können sogar in den Sommermonaten angewendet werden, ohne Risiken durch erhöhte Lichtempfindlichkeit in Kauf nehmen zu müssen. Das ist auch bei Hauttypen mit Neigung zu postinflammatorischen Hyperpigmentierungen oder Pigmentstörungen von großer Bedeutung.
Sarah White
Die Kosmetikerin und Beauty Managerin (IHK) ist angehende Ärztin. Sie arbeitete mit plastischen Chirurgen in einer Praxis für medizinische Kosmetologie zusammen, bevor sie ihre Tätigkeit als internationale Trainerin für die Kosmetikbranche aufnahm. Sie ist Gründerin der Marke iluqua.