Die Hautbarriere reparieren
Die Hautbarriere reparieren und der Haut einen frischen Glow verleihen – das sind nach dem Sommer häufig die Wünsche, mit denen die Kunden ins Kosmetikinstitut kommen. Für die Haut heißt das: Regeneration ist angesagt! Welche Wirkstoffe und Methoden sich dafür hervorragend eignen, erklärt Stephanie von Lupin im Interview mit KOSMETIK international Redakteurin Karin Maier.
KOSMETIK international: Welche Faktoren führen überhaupt dazu, dass die Haut regenerations- und repairbedürftig wird?
Stephanie von Lupin: Klassischerweise geht es beim Thema Repair darum, eine gestörte Hautbarriere zu regenerieren, allem voran die sogenannte Rein‘sche Barriere. Dieser dynamische Bereich bildet die Grenzzone von lebenden Epidermisschichten zu absterbenden Hornzellen – und wird vielfach durch die Pflege mit okklusiv wirkenden Stoffen wie Mineralölen, Silikonen, Paraffinen etc. geschädigt. Die Rein‘sche Barriere besteht vor allem aus Hornschichtlipiden wie Ceramiden und Gamma-Linolensäure, die in einer Doppelschicht angeordnet sind. Diese Lipidschichten steuern den Transepidermalen Wasserverlust der Haut (TEWL).
Vorsicht vor Mineralölen, Silikonen & Co.
Wenn ich jedoch mit Substanzen arbeite, die einen okklusiven Film bilden, also mit Mineralölen, Mineralwachsen oder Silikonen, dann wird dieser TEWL komplett unterbunden. Das wird dann häufig als „feuchtigkeitsspendend“ verkauft. Die Problematik ist allerdings, dass sich dadurch die Lipiddoppelschichten nicht mehr aufbauen können, denn die einzelnen Lipidbausteine liegen nun kreuz und quer in den oberen Bereichen der Epidermis. Das führt insgesamt zu einem erhöhten Wasserverlust, da die Lipiddoppelschichten nicht mehr intakt sind. Die Haut wird trocken. Häufig wird dann wieder eine Pflege mit Mineralölen oder Silikonen aufgetragen – so entsteht ein regelrechter Teufelskreis. Das ist meiner Ansicht nach das, was die Haut am meisten schädigt.
Die Hautbarriere reparieren – darauf kommt es an
Wie lässt sich die Hautbarriere wieder in Balance bringen? Man kann der Haut sehr viel Gutes tun, wenn man auf diese okklusiv wirkenden Substanzen verzichtet und stattdessen mit Produkten arbeitet, die Fette enthalten, die den Hautlipiden ähnlich sind. Denn wenn die Haut einen Lipidmangel hat, bringt es nichts, irgendeinen Fettkörper aufzutragen, der der ihren gar nicht ähnelt. Um einen nachhaltigen Repair-Effekt zu erzielen, müssen der Haut Lipide zugeführt werden, die den Hornschicht- oder Talgdrüsenlipiden möglichst ähnlich sind. Dadurch kommt auch ihr Feuchtigkeitshaushalt wieder ins Gleichgewicht.
Welche Wirkstoffe eigenen sich zur Regeneration?
Hier empfehle ich allen voran Ceramide, primär Ceramid II und III, sowie Gamma-Linolensäure haltige Öle wie Nachtkerzenöl, Borretschöl oder auch Avocado- und Traubenkernöl. Sie enthalten besonders viel Gamma-Linolensäure (GLA), eine dreifach ungesättigte Omega 6-Fettsäure, die die Hautbarriere massiv unterstützt. Auf diese Weise erhält die Haut die benötigten Hornschichtlipide.
Dabei macht es Sinn, nicht mit den reinen Ölen zu arbeiten, sondern mit Produkten, die diese speziellen Öle enthalten, also mit Emulsionen. So wird die Haut gleichzeitig mit Feuchtigkeitsfaktoren versorgt. Ein wichtiger Aspekt sind hier auch die sogenannten Derma-Membran-Lipide (DML) oder -Strukturen. Dabei geht es um die Grundlage der Pflege. Es empfiehlt sich, nicht nur konventionelle Cremes mit Wasser-in Öl- oder Öl-in-Wasser-Emulsionen zu verwenden, sondern hautphysiologische Cremes mit DML. Sie sind bereits durch ihre Struktur der Haut bzw. ihrer Barriere sehr ähnlich und können diese besonders gut regenerieren.
Regeneration und Anti-Aging verbinden
Nach dem Sommer wünschen sich viele Kundinnen meist etwas mehr Frische, haben also auch Anti-Aging-Wünsche …
Um diese Bedürfnisse zu erfüllen, sollten gezielt Substanzen und Behandlungen zur Zellregeneration und -neubildung eingesetzt werden, wie z. B. Fruchtsäuren. Sie tragen das „alte“ Zellmaterial ab und regen dadurch die Keratinozyten zur Produktion neuer Hautzellen an. Damit darf man es allerdings nicht übertreiben, weil die Haut nicht ständig übermäßig Zellen nachproduzieren kann. Sehr gut lassen sich zudem bewährte regenerationsfördernde Wirkstoffe wie Retinol einsetzen. Allerdings kann Retinol auch hautreizend wirken, wenn es überdosiert wird. Deswegen ist das pflanzliche Retinol-Analogon Bakuchiol eine sehr sinnvolle Alternative – oder allem voran auch Stammzellen z. B. aus Beinwell, die ganz gezielt die Zellneubildung anregen.
Um einen nachhaltigen Repair-Effekt zu erzielen, müssen der Haut Lipide zugeführt werden, die den Hornschicht- oder Talgdrüsenlipiden möglichst ähnlich sind.
Repair-Behandlungen für die Kabine
Was kann die Kosmetikerin im Rahmen ihrer Behandlung als Special anbieten?
Für die Behandlung eignet sich neben den erwähnten Fruchtsäure-Treatments insbesondere auch eine Kombination mit Ultraschall, weil diese physikalische Methode die Wirkung der Inhaltsstoffe noch verstärkt, indem deutlich mehr Wirkstoffe in die Haut geschleust werden können. Ultraschall ist sicherlich eine sehr angenehme Ergänzung. Und es sollten natürlich in der Kabine die erwähnten Substanzen zum Einsatz kommen, also Ceramide, Traubenkernöl bzw. Produkte, die reich sind an Gamma-Linolensäure. Hierzu zählt auch, verstärkt Carrier-Systeme zu nutzen, wie die recht neue ITS-Technologie. ITS steht dabei für intelligentes Trägersystem. Die Wirkstoffe sind hier in biokompatible Kapseln „verpackt“, die durch spezielle Steuerpeptide auf ihrer Oberfläche nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip funktionieren. Die Kapsel dockt an die Rezeptorzelle an und gibt erst dann ihre Wirkstoffe wie Stammzellen oder Peptide frei. Besonders effektiv sind Kupferpeptide, weil diese u. a. die Fibroblastenaktivität anregen und damit die Kollagenproduktion, sodass die Haut in den oberen Bereichen der Dermis wirklich reaktiviert wird und regeneriert.
Wichtig: die Repair-Pflege für zu Hause
Welche Bedeutung hat die Heimpflege, wenn es darum geht, die Hautbarriere zu reparieren und regenerieren?
Die ganzen Maßnahmen und Behandlungen im Institut müssen natürlich von der Kundin unbedingt mit unterstützt werden. Eine sinnvolle Hautpflege ohne die Pflege zu Hause – das funktioniert nicht. Die Kosmetikerin setzt mit ihrer professionellen Behandlung einen Impuls und leitet eine positive Entwicklung ein, die die Kundin dann idealerweise zu Hause mit den von ihrer Kosmetikerin empfohlenen Produkten weiterführt. Bei der Folgebehandlung im Institut kommt wieder ein Impuls etc. Wenn die Kundin zu Hause nicht mitarbeitet, kann sie sich in meinen Augen das Geld für die Behandlung dann eigentlich auch gleich sparen.
Die Hautbarriere schonend reinigen
Worauf kommt es bei der Hautreinigung an?
Bei der Hautreinigung sollten milde Tenside zum Einsatz kommen – und keine PEG-(Polyethylenglykol)basierten Tenside. Denn PEG-basierte Emulgatoren und Tenside haben den Nachteil, dass sie hauteigene Lipide ausschwemmen, das gilt es natürlich zu vermeiden. Es macht keinen Sinn, dass ich einerseits versuche, der Haut Barrierelipide zuzuführen und auf der anderen Seite etwas aufzutragen bzw. zur Reinigung zu verwenden, was diese Lipide aus der Haut herauslöst. Deswegen ist eine milde Reinigung angesagt, die rückfettende Substanzen enthält – also Reinigungsmilch, -creme etc. – sowie milde Tenside wie Cocoamidopropyl Betaine oder Zuckertenside wie Coco-Glucoside.
Stephanie von Lupin
Die Kosmetik- und Wirkstoffexpertin war viele Jahre im Bereich Produktentwicklung und Schulung tätig, bevor sie 2019 mit Susann Klein „von Lupin Cosmetic“ gründete. Als Leiterin des Produktmanagements hat Stephanie von Lupin stets den Anspruch, hochwirksame Wirkstoffkosmetik zu kreieren.